Eine außergewöhnliche Ruderin – warum unser neues Boot „Friedel“ heißt

2021 tauften wir unser neues Boot „Friedel“ – benannt nach der Ostberliner Wanderruderin Frida Krüger, die nach der Wende auch Mitglied in unserem Verein wurde. Die Geschichte eine besonderen Ruderin – erzählt in der Taufrede des neuen Bootes.

Text: Ralf Ludwig, Taufpate

Taufpate Ralf Ludwig erinnert an die Namensgeberin Frida Krüger - eine außergewöhnliche Wanderruderin
Taufpate Ralf Ludwig erinnert an die Namensgeberin Frida Krüger – eine außergewöhnliche Wanderruderin

Es ist für mich eine große Ehre, dieses Boot auf den Namen einer außergewöhnlichen Wanderruderin taufen zu können. Sie war bis zu Ihrem Tod 2018 Mitglied der ersten Stunde in der EWF. Das hat uns damals in der Gründungsphase sehr geholfen. Lasst mich Ihre Laufbahn noch einmal kurz Revue passieren, um zu verstehen was ich mit außergewöhnlich meine.

Sie kam 1935 mit 14 zum Rudersport. Bis dahin war sie, wie sie selbst sagte „sportlich eine Niete erster Klasse“. Krieg und kalter Krieg gingen auch an Ihr nicht spurlos vorüber. Aber, Ihre stets positive Einstellung, Ihr Freiheitswille und Ihre Zivilcourage prägten Ihr Leben nicht nur ruderisch, sondern auch beruflich und das wenige was privat noch übrig blieb. Jede freie Minute verbrachte Sie im Bootshaus der BSG Rotation (Berlin). Da ist es nicht verwunderlich dass Ihre Tochter im Bootshaus zur Welt kam.

Ich selbst durfte Sie dann 1983 im privaten Ruderstützpunkt Dolgenbrodt (heute im Land Brandenburg) kennen lernen. Wir älteren erinnern uns, das war mitten im kalten Krieg. Als 1987 der US-Präsident Ronald Reagan seinen damaligen sowjetischen Partner am Brandenburger Tor aufforderte: „Mr. Gorbatschow open this Gate! Mr. Gorbatschow tear down this wall!“, kam mir das ein wenig absurd vor. Hatte Sie doch von Anfang an das „TOR“ schon immer ein Stück weit für uns aus dem Westen offen gehalten. Im Nachruf zitierte der Berliner Tagesspiegel die krankhafte Angst der Stasi treffend mit: „Umsturzplanung getarnt als Ruderausflug in den Spreewald“. Online ist der Artikel zu finden unter „Mit dem Klassenfeind aufs Wasser“. Und… Ich bin sicher, sollte Sie heute im Jenseits dem Kanzler der Einheit Helmut Kohl begegnen, wird sie ihm bestimmt sagen: „Helmut, hättest du nur einmal mit uns vor der Wende zusammen gerudert, hättest du so einen riesen quatsch von in 2-3 Jahren blühenden Landschaften, niemals erzählt.“

Doch wie kam es überhaupt dazu, dass sie diesen illegalen Ruder-Austausch zwischen Ost und West während des kalten Krieges organisierte?

Kurz nach dem Mauerbau, in den frühen 60ern lud sie Wilma Rheder aus Kiel (auch ein ehemaliges Mitglied der EWF der ersten Stunde) und andere zur damaligen BSG-Rotation zum Rudern ein. Das war jedoch ein Absolutes No-Go in den Augen der damaligen Kaderleitung. Der „Klassenfeind“ als Gast in einer Betriebssportgemeinschaft – unmöglich! Prompt folgten unglaubliche Anschuldigungen und Demütigungen der damaligen SED-Funktionäre. Sie wurde sofort, obwohl Sie sich bis dahin immer für Ihren Verein auch in leitenden Positionen engagierte, zur Unperson erklärt.

Doch stets positiv denkend, ließ sie sich nicht entmutigen und stellte den Verantwortlichen die entscheidende Frage, ob sie denn diese Einladungen mit den Westlern auf anderem Weg, nämlich rein privat, organisieren könne. Überrascht von dieser Frage waren die SED-Bonzen schon, muss wohl eine ähnliche Situation gewesen sein, als zum Mauerfall Günther Schabowski in der berühmten Pressekonferenz rum stammelte: „Das ist…., ähh das gilt meines Erachtens… sofort“. Sie bekam die eindeutige Antwort: „Was Sie privat machen, ist uns egal!“. War es natürlich nicht, wie wir später erfuhren, aber es war die Geburtsstunde einer gemieteten Scheune als Bootslager am Wasser in Dolgenbrodt mit zum Schluss 36 Bootsplätzen, teilweise finanziert von unserem Zwangsumtausch (25 DM / Tag), die jeder Ruderer besuchen konnte. Die DDR legte uns zwar große Hürden mit Ihrer Besuchsregelung auf, da wurde halt auch mit Verwandschaftsverhältnissen ein wenig getrickst. Ich war z.B. der Neffe ihres Lebensgefährten.

Denken wir nun zurück an die Geburtstunde der EWF.

Die Barke SEKU sollte auf Betreiben des damaligen ersten Vorsitzenden des RVE verschrottet werden. Was für eine Demütigung gegenüber dem Erbauer Rolf Baßler, der doch ebenfalls stets engagiert sich für seinen Verein, den RVE, einsetzte… Sieht so aus als wenn sich der Lauf der Geschichte irgendwie ständig wiederholt. Gründungsmitglied Hedi Reuther kaufte ganz privat dem RVE die Barke ab und rettete sie damit erst einmal vor der Verschrottung. Untergebracht wurde die SEKU in verschiedenen leer stehenden Hallen zusammen mit anderen Booten, die wir erworben, aufmöbelten und spendeten.

Doch es gab zwei wesentliche positive Unterschiede:

  1. Wir leben in einem freien Land und konnten dem Ganzen durch Vereins-Gründung einen vernünftigen Rahmen geben.
  2. Wir hatten Bootsanhänger und waren dadurch nicht unbedingt darauf angewiesen, dass die Lagerstätten am Wasser liegen.

Aber wir mussten mit unserem Konzept auch gegenüber dem damaligen Konkurrenten dem RVE bestehen. Heute ist auch das glücklicherweise Geschichte.

Friedel Krüger
Friedel Krüger

Damals war es wichtig und es halfen uns zahlreiche nicht Erlanger Wanderruderinnen und Wanderruderer mit ihrer auswärtigen Mitgliedschaft. Ich erwähnte es schon, auch sie zählte dazu. Insofern ist sie, für mich auch so etwas wie ein Gründungsmitglied der EWF. So wie ich in Bezug auf Wanderrudern viel von Rolf gelernt habe, habe ich menschlich unendlich viel von Ihr gelernt.

Es handelt sich bei dieser außergewöhnlichen Frau um Frieda Krüger und ich freue mich riesig, dieses Boot auf den Namen Friedel zu taufen. Ich wünsche dir – Friedel – allzeit gute Fahrt und immer ein Handbreit Wasser unter dem Kiel!

Bildquellen

  • Taufpate Ralf Ludwig erinnert an die Namensgeberin Frida Krüger – eine außergewöhnliche Wanderruderin: Torsten Hanspach
  • Friedel Krüger: privat