Die Barke „SEKU“

Die SEKU ist eine ist Barke mit acht Ruderplätzen und drei Plätzen auf der Steuerbank. Sie hat außerdem viel Stauraum für das gesamte Mannschafts- und Übernachtungsgepäck. Die Geschichte unseres Aushängeschildes.

Text: Ilse Ludwig, Gründungsmitglied
Bilder: Vereinsarchiv

Barke SEKU in Schweden 2011
Barke SEKU in Schweden 2011

Entstehungsgeschichte

Im Jahr 1971 gab es in der Bundesrepublik wahrscheinlich nur noch ein solches Ruderboot in Trier, also an der Mosel, die „Augusta Trevirorum“. Eine junge Mannschaft vom Ruderverein Erlangen (RVE) mietete sie und ruderte fröhlich die Mosel abwärts. Zu Hause in Erlangen schwärmten die Moselruderer von der unvergesslichen Wanderfahrt.

Im Ruderverein gab es durch Kriegsschäden bedingt, wie in vielen Deutschen Rudervereinen, kaum einsatzfähige Ruderboote. Aber Mangel treibt Erfindungsgeist an und bringt Leute zusammen.

Bootstaufe 1972 in den Erlanger Nachrichten
Bootstaufe 1972 in den Erlanger Nachrichten

Rolf Baßler, ein junger Bauingenieur aus einer Erlanger Ruderfamilie stammend, wurde von der Begeisterung der Moselfahrer angesteckt. Er traute sich mit der Unterstützung von Klaus Paulus und anderer Ruderer, einen eigenen Bauplan zu entwerfen.
Das Boot durfte keinesfalls zu breit sein, denn es sollte mit Auslegern durch die Bootsschleusen am Main passen. Es sollte auch nur so schwer sein, wie nötig.

So wurde es aus Sperrholz gebaut und mit der Hälfte der sonst üblichen Spanten, die für die Festigkeit des Bootes wichtig sind, bestückt. Die Spanten aber wurden exakt bei einem Geigenbauer in Bubenreuth gefräst. Klaus Paulus hatte dort beruflich zu tun, und so wurde diese gute Möglichkeit genutzt. In seine Pläne hatte Rolf auch Erkenntnisse aus der Kurventechnik beim Autobahnbau einfließen lassen. Er war ja kein Bootsbauer sondern Bauingenieur.

Nachdem sich Rolf die Genehmigung der Mittel bei der RVE Jahreshauptversammlung 1971 geholt hatte, ging er mit vielen begeisterten Helfern ans Werk. Der Vereinsraum des Bootshauses am Egelanger wurde Werkstatt. An den Feierabenden und Wochenenden wurde fröhlich mit Hilfe vieler Flaschen “Thüngersheimer“ Wein gebaut und gewerkelt. Zum damals legendären Erlanger Bootshausfasching wurde die Barke weggeräumt.

Ruderer können zupacken! Das war auch notwendig. Als die Barke fertig gestellt im Vereinszimmer lag, musste sie nach draußen transportiert werden. Der Ofen und die Garderobe wurden abgebaut und die Türen ausgehängt. Dann packten 22 Mann das Boot und trugen es hochkant ins Freie. Dort wurde es auf den alten Vereinshänger geladen. Die normalen Bootsaufleger wurden abgesägt und los ging`s auf das neue Gelände am Main-Donau-Kanal.

Die Bootsaufleger wurden zum Abnehmen und Aufstecken so umgebaut, dass normale Ruderboote und auch die Barke transportiert werden konnten.

Vor dem ersten Stapellauf waren die Ruderer überwiegend mit den praktischen Fragen beschäftigt. Wie bringen wir die Barke aus dem Egelanger-Bootshaus auf den Hänger, wie auf das Wasser? Einige fragten gar: Wird sie denn überhaupt schwimmen? Über den Namen hatten sie sich noch keine Gedanken gemacht.

Als nun pünktlich zum Anrudern am 25. April 1972 die Taufe und der Stapellauf bevorstanden, fiel ihnen auf die Schnelle nur der Name MOSEL ein. So wurde ein Papierschild mit dem Namen MOSEL angeklebt.
Unter großem Jubel fanden die Taufe und der Stapellauf statt. Und sie schwamm auf dem Kanal!!!

Wanderfarten

Auf der ersten Wanderfahrt trug das Boot dann seinen endgültigen Namen SEKU, benannt nach der in 1963 in Erlangen abgeschafften „Sekundärbahn“.

Diese Wanderfahrt fand auf der Donau statt. Die Mannschaft ruderte begeistert durch den Donaudurchbruch und dann noch auf dem alten Ludwig-Kanal ein Stück die Altmühl hoch.

Unzählige Vereinswanderfahrten folgten. Auf der ersten Familienwanderfahrt auf der Mosel, an der auch einige Gründungsmitglieder der späteren EWF teilnahmen, passierte es, dass einige Teenies am frühen Abend nicht pünktlich wieder beim Bootshaus in Trier ankamen. Gabi und Rolf, die Fahrtenleiter, machten sich schon Sorgen. Kurz darauf kamen die Knaben mit einer tollen Ausrede an: „Sie wären in der Stadt gewesen zum „Weiberaufreißen“ und hätten die Mosel nicht gefunden!“

Der Bootsbauer in Trier, dessen Barke die Grundidee zum Bau der SEKU geliefert hatte, bewunderte die neuen Ideen, die der Nichtbootsbauer erfolgreich umgesetzt hatte.

Es folgten viele Familien- und Jugendfahrten in Frankreich, Österreich, Schweden, in England auf der Themse, in der Tschechowslowakei und auf den Flüssen und Seen der Bundesrepublik und natürlich auch in Westberlin.

Lange Zeit waren die AUGUSTA TREVIRORUM und die SEKU die wohl einzigen Barken, die auch verliehen wurden. In Stuttgart bei der Rudergesellschaft lag zwar noch eine Barke, die aber der Stadt Stuttgart gehörte und nur von Schüler- und Jugendgruppen benutzt werden durfte.

So kam es, dass die SEKU an unzählige Vereine und Schulrudergruppen verliehen wurde. Die damit verbundene Arbeit, wie z. B. die Transporte, die Wartung, Reparaturen von Boot und Hänger liegen bis heute in den bewährten Händen von Rolf Baßler. So ganz nebenbei hat er vielen jungen Ruderern unter ihnen Markus Lottes, Jörg Lottes und Ralf Ludwig das exakte Hänger fahren und Rangieren beigebracht.

Bei vielen Wanderrudertreffen des Deutschen Ruderverbandes (DRV) und des Bayerischen Ruderverbandes (BRV) bereicherte sie das Programm. Alle Vorsitzenden des DRV, so Dr. Claus Heß , Hendrik Lotz, Prof. Dr. Wolfgang Maennig, Helmut Griep und Siegfried Kaidel haben in der SEKU gerudert.

Auch DRV-Ehrenmitglied Manfred Ganzer und Hans Richter, Ehrenpräsident des BRV, waren darunter. Der Justitiar und stellvertretende DRV Vorsitzende Friedrich Brodeßer gehörten zu denen, die sie regelmäßig ausliehen. Ganz besonders zu erwähnen ist da auch Toni Rom, der sympathische Olympiasieger im Vierer ohne Steuermann von 1936, der die SEKU oft für Fahrten des RCD (Ruder Club Deutschland) eingesetzt hat. Heike Rodenburg, die viele Jahre im DRV Ausschuss Wanderrudern tätig war, feierte in der SEKU ihren 50. Geburtstag. Auch Hans Hermann Meyer, der einige Jahre das Ressort Wanderrudern im DRV leitete, ruderte gern in der SEKU.

Wie viele Kilometer Ruderinnen, Ruderer und Kinder (auch Babies) auf ihr – schwitzend, rudernd, träumend, steuernd, lachend, staunend, genießend, frierend, trinkend und auch schlafend – zurücklegten, kann nur geahnt werden.

Nicht nur unzählige Deutsche Vereine, Verbände, Universitäten und Schulen erlebten ereignisreiche Stunden in der Natur mit ihr, in diese Reihe gehören auch Vereine aus Österreich und Dänemark.

Eine besonders beeindruckende, unvergessliche Tour war die von Rolf gut organisierte RVE Wanderfahrt auf dem Canal du Midi im Jahr 1979. 23 Erwachsene und vier Kinder ruderten in der Barke mit Übernachtungs- und Küchengepäck. Zwei weitere Vierer und zwei Zweier starteten von Montauban über Toulouse nach Port la Nouvelle. Das letzte Stück ruderten wir über das Mittelmeer zum Campingplatz.
Eine der letzten Fahrten 1986 unter RVE-Flagge führte Ralf Ludwig mit Studenten der TU Berlin in Schweden durch.

Danach wurde sie zur gründlichen Überholung nach Marl in die Bootswerft Kuhn gebracht. Auch ein neuer Hänger war nötig geworden.

SEKU unter neuer Flagge

Eine Gruppe Erlanger Wanderruderer wollte für die Renovierung spenden. Der Vorstand des RVE lehnte zweckgebundene Spenden dafür ab. Es gründete sich daraufhin die Erlanger Wanderrudergesellschaft Franken e. V. (EWF), und jedes Gründungsmitglied spendete 1.000 DM. Nun stand die SEKU weiterhin, bekannt und beliebt wie sie war, vielen Vereinen, Verbänden und Schulen zur Verfügung.

Untergebracht wurde die SEKU und weiteres Bootsmaterial in verschiedenen Abrisshallen. Die EWF war einem Wanderzirkus ähnlich bis zum Bau des eigenen Bootshauses im Jahr 1994.

 

Barke Zeichnung
Barke Zeichnung

Der BRV mietete sie, um Naturschützern auf der Isar zu demonstrieren, was Ruderer alles nicht tun, nämlich weder die Natur stören noch sie zerstören. Dieter Winsauer organisierte die DRV Donaufahrt 1988 zum DRV-WRT (Wanderrudertreffen) in Deggendorf mit sechs Barken. Die SEKU wurde von Ilse Ludwig geführt, die immer einsprang, wenn Rolf aus beruflichen Gründen erst später dazu kommen konnte.

1990 gab es in Berlin ein gemeinsames Anrudern mit dem DRSV (Deutscher Rudersportverband) und DRV. Ehemalige DDR Weltmeister und Olympiasieger waren beim Barkenrennen in der SEKU gegen ihre Kollegen aus dem DRV erfolgreich.

In 1993 ruderten die EWF und der Ruder- und Kanuverein Jena gemeinsam auf der Bleilochtalsperre.
1997 war die Barke mit Fred Hoppe für die FISA (Weltruderverband) auf der Elbe.

In 1998 wurden sie und eine zweite Barke unter Leitung von Armin Rahmann auf dem Main zum DRV-WRT nach Schweinfurt gerudert.

Vielen Vereinen und auch der Bootswerft BBG in Berlin stellte Rolf seine Baupläne zur Verfügung. Es wurden nach und nach viele weitere Barken in Betrieb genommen.

Im Jahr 2005 ruderten die Erlanger aus beiden Vereinen sie auf der „VOGA LONGA“ in Venedig.

Inzwischen war sie wieder einmal sehr überholungsbedürftig. Nach einigen Diskussionen wagte sich Rolf doch mit engagierten Helfern an die Reparatur. Manches Mal war er der Verzweiflung und dem Aufgeben nahe. Aber Ruderer sind Ausdauersportler!

Zum 100jährigen Jubiläum des RVE und zur RÄDLI bei der EWF wurde sie, wieder
fast neu aussehend, mit Freude und Elan gerudert. In Schweden und wieder auf der VOGALONGA 2012 zeigte sie sich in neuem Glanze.

Seitdem startet sie nur noch für ERLANGEN zu unvergesslichen Fahrten.

Wir wünschen der SEKU allzeit „ Gute Fahrt und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel !“

SEKU nach Renovierung 2011
SEKU nach Renovierung 2011