Gründung und Jahre des Aufbruchs (1988-1992)

Die Erlanger Wanderrudergesellschaft startete im Januar 1988 mit der Barke „Seku“, 13 Gründungsmitgliedern und großen Plänen für die Zukunft. Gründungsmitglied Ilse Ludwig beschrieb die Geschichte anlässlich der 10- und 25-jährigen Vereinsjubiläen.

Texte: Ilse Ludwig, Vorsitzende 1988-1998
redaktionelle ergänzt von Arne Borsum anhand des rudersport-Archiv des DRV
Bilder: Vereinsarchiv

„Vereinsjubiläen haben einen guten Zweck: Sie sind Rückschau und Bestandsaufnahme. Sie dienen aber auch der Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit und weisen so auf Leistungen hin, die in unseren Sportvereinen in ehrenamtlicher Mitarbeit geleistet werden.“ Das sagte der Ehrenvorsitzende des Deutschen Ruderverbandes (DRV) Hendrik Lotz.

Wenn die Zeit für weitreichende Entscheidungen reif ist, dann bedarf es nur noch eines Anstoßes, um etwas Neues zu beginnen.

Die damals 15 Jahre alte Barke war 1987 überholungsbedürftig und ihr Bootshänger kaputt. Um die SEKU zu retten, hatte sich eine Gruppe von RVE Mitgliedern, die begeisterte Wanderruderer waren, gebildet. Über den Fortbestand der Barke und die Renovierungskosten gab es im Verein unterschiedliche Ansichten. Es wurde gehandelt: Am 11.12.1987 kaufte Hedi Reuter dem RVE die Barke für 700 DM ab.

Wir brachten die Barke nach Marl in die Bootswerft Kuhn. Wir haben sie aus den Spenden der Gründungsmitglieder gründlich überholen  und einen neuen Hänger dazu bauen lassen, für  insgesamt 11.500 DM.

Gründung

Am 31. Januar 1988 gründeten  13 Ruderinnen und Ruderer – unter ihnen Hans Richter, der Ehrenpräsident des Bayerischen Ruderverbandes (BRV),  die „Erlanger Wanderrudergesellschaft  Franken e.V.“.

Schon während des Gründungswochenendes in Oberrüsselbach sprudelten bis dahin ausgebremste Ideen. Michael Baßler sagte „Man kann von Erlangen nach Paris rudern“ darauf Ralf Ludwig: „dann können wir auch bis nach Rennes in unsere Partnerstadt rudern, wo nächstes Jahr das 25-jährige Partnerschaftsjubiläum gefeiert wird.“

Es handelte sich hier zwar um „Junge“ aber nicht um „Wilde“. Dieser kleine Verein verfügte über gut ausgebildete und erfahrene Wanderruderer, Fahrtenleiter und Anhängerfahrer unterschiedlichen Alters.

Diese Idee wurde ohne Diskussion in die Tat umgesetzt. Dazu brauchten wir neben der Barke weitere Boote und einen zweiten Bootshänger, Der Zweier ASTORIA wurde in  Berlin gekauft, den Zweier Bamberg schenkte uns die Bamberger Rudergesellschaft, ebenso wie den B-Vierer „Main“, und der Vierer ESCHWEGE wurde im Tausch für eine Barkenfahrt aus Eschwege geholt.

Für den zweiten Bootshänger wurden Spenden gesammelt, und die Boote richtete Gerhart Ludwig mit vielen Helfern in unserem Garten her. Wer schon einmal ein Klinkerboot restauriert hat weiß, wie viel Arbeit das macht…

Bei einer feierlichen „Umflaggung“ wurden die im Laufe des Jahres 1988 angeschafften Boote – und der Verein – der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Boote, waren alle aus Holz und mehr oder weniger betagt – die Barke „SEKU“, ein Riemenvierer, zwei Doppelzweier und ein Einer. Der jeweilige Taufpate (der oder die das Boot organisiert und die entsprechende Sachkunde zur Renovierung aufgebracvht hatte) skizzierte ihre Lebensgeschichte und den Weg des Bootes in die EWF.

Die Bilanz des Jahres 1988: 30 Mitglieder, sechs Boote und 8.000 Ruderkiometer. Die Boote fanden zunächst Unterschlupf bei den Naturfreunden an der Wöhrmühle.

Etappenwanderfahrt „Rudern für Europa“ – Von Erlangen nach Rennes (1989)

Im Jahr der dritten Europawahlen und des 25-jährigen Partnerschaftsjubiläums zwischen Erlangen und Rennes organisierte die Erlanger Wanderrudergesellschaft in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Ruderverband eine Etappenwanderfahrt. Große Unternehmen brauchen einen zugkräftigen Namen. So nannten wir die Tour „Rudern für Europa“. Die Tour führte von Ostern bis Mitte Juni 1989 in zehn Abschnitten von Erlangen bis in die französische Partnerstadt Rennes.

Ankündigung der Etappentour "Rudern für Europa" in der Rudersport Nr. 31/1988
Ankündigung der Etappentour „Rudern für Europa“ in der Rudersport Nr. 31/1988

Die Strecke erstreckte sich über bedeutende Wasserwege Europas: Vom Main-Donau-Kanal über den Main, den Rhein, die Mosel und französische Kanäle wie den Canal de la Marne au Rhin, die Marne, die Seine sowie den Canal de Nantes à Brest und die Vilaine. Insgesamt wurden dabei 316 Schleusen passiert.

Dank einer sorgfältigen Organisation, die 1988 in der Zeitschrift „Rudersport“ angekündigt wurde, verlief die Wanderfahrt reibungslos.

Die Vorbereitung und Durchführung der Fahrt wurden durch Sponsoren unterstützt: Ein Kleinbus wurde von der Firma Mercedes Pickel kostenfrei bereitgestellt, und die Brauerei Kitzmann stellte Getränke für die Teilnehmenden und Schleusenwärter zur Verfügung. Vielerorts öffneten sich die Schleusentore vor uns, wie von selbst!

An dieser Etappenfahrt nahmen ca. 200 Ruderer aus mehreren Ländern teil: aus der Schweiz, Belgien, Frankreich und aus der damaligen DDR (unser Mitglied Friedel Krüger und Kurt Hartwig).

Danach wurden wir im Spiegelsaal des Rathauses von Oberbürgermeister Hervé mit Champagner empfangen. Dort übergaben wir den Brief vom Erlanger OB Hahlweg, den er uns mit auf die lange Reise gegeben hatte.

Unterstützung und Partnerschaften

Eine ganze Reihe recht bekannter auswärtiger Wanderruderinnen und auch ehemalige Leistungsruderer unterstützen uns bis heute durch ihre Mitgliedschaft. Vielerorts wird nur die Zahl, nicht die Qualität  hoch bewertet!  In der Stadt Erlangen war gerade, durchaus verständlich, das Sparen angesagt. Wir waren zwar bekannt, aber es gab doch schon einen Ruderverein in der Stadt.

Noch im Gründungsjahr 1988 hatten wir Ruderer der Betriebssportgemeinschaft (BSG) Carl Zeiss Jena, unserer Partnerstadt, zu uns eingeladen. Diese Einladung erreichte damals den Adressaten nicht…. obwohl sie von unserem OB übergeben worden war.

Ein Jahr später haben wir Mitte November die Einladung wiederholt. Und die Jenaer Ruderer kamen in unsere Familien, wo Freundschaften wuchsen, auch unter  jüngeren Ruderern, die bis heute halten. Wir  feierten mit ihnen in der Jenaer Studentenkneipe „Die Noll“ ein unvergessliches Silvester. Den Thüringisch Fränkischen Chor beim „Hanfried“,  DIE GEDANKEN SIND FREI  vergisst keiner, der dabei war!

Schon zu Pfingsten 1990, vor der Währungsunion ruderten die Jenaer, auf unsere Einladung mit uns auf dem Kanal und dem Main. Von Bamberg waren sie begeistert und wir tranken mit Ihnen im SCHLENKERLA ihr erstes Rauchbier. Sie haben uns dann auf die Bleilochtalsperre und auf die Hohenwartetalsperre zum gemeinsamen Rudern eingeladen.

Ostern, im April 1990 nahmen wir in Berlin beim gemeinsamen Anrudern des DRV mit dem Deutschen Rudersportverband (DRSV) teil. Unsere Barke gewann,  mit Weltmeistern und Olympiasiegern der DDR.

Der Vorsitzende des Vereins „Die Naturfreunde“ Ziegler, bot uns Unterstützung an. Auf deren Grundstück an der Wöhrmühle konnten wir Boote lagern. Die Naturfreunde stellten uns außerdem in dem regelmäßig erscheinenden Heft „Naturfreunde aktuell“ eine Doppelseite für unseren Verein zur Verfügung. Wir lieferten ihnen dafür Annoncen von Erlanger Firmen, und sie übernahmen auch den Versand. So waren unsere Mitglieder, besonders auch unsere auswärtigen Unterstützer immer gut informiert.

FISA-Sternfahrt nach Berlin (1992)

Im Juli 1992 nahm die EWF an der FISA-Sternfahrt teil, die anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Weltruderverbandes (FISA) stattfand. Ziel war Berlin, wo Ruderer aus verschiedenen Ländern zusammenkamen, um das Jubiläum gemeinsam zu feiern. Die Idee zur Teilnahme kam von Hans Richter, dem Ehrenpräsidenten des Bayerischen Ruderverbandes, und wurde gemeinsam mit den Jenaer Ruderern organisiert.

In Blankenstein nahe der bayerisch-thüringischen Grenze setzten wir die Boote ein. Bereits 1990 hatte die EWF eine Fahrt in die damalige DDR unternommen, die durch die Überquerung der innerdeutschen Grenze bei der Bleilochtalsperre ein besonderes Abenteuer darstellte. Eine kleine Gruppe ruderte damals mit Unterstützung der Jenaer Ruderer die Saale flussaufwärts über die Grenze. Dabei musste Michael Baßler, der keinen Ausweis mit sich führte, in der DDR sogar einen Passierschein lösen.

Bei einer offiziellen Zeremonie in Jena wurde die FISA-Flagge an die Erlanger übergeben und der offizielle Teil Fahrt startete. Von dort aus führte die Tour mit einer besonders anspruchsvollen Etappe über die teils flache und schwer befahrbare Saale nach Naumburg. Die Fahrtenleiter Rolf Baßler und Barbara Zabel sowie Rolf und Volker Wunderlich bewältigten diese Herausforderung mit Geschick.

Ab Naumburg schloss sich eine internationale Gruppe von 40 Teilnehmern an. Die Fahrt führte über die Saale, Elbe und Havel, mit Stationen in Magdeburg und weiteren Orten, bis zum Ziel in Grünau bei Berlin. Dort angekommen, wurde das 100-jährige Jubiläum der FISA mit einer großen Abschlussveranstaltung gefeiert.

Eröffnung der Main-Donau-Kanals

Im September 1992 feierte der Deutsche Ruderverband (DRV) die Eröffnung des Main-Donau-Kanals mit einer festlichen Wanderfahrt. Der Main-Donau-Kanal verbindet seitdem die Wasserstraßen zwischen Nordsee und Schwarzem Meer und schuf damit auch neue, spannende Möglichkeiten für den Wassersport.

Für die Feierlichkeit hatte der DRV eine besondere Fahrt mit vier Barken organisiert, an der 48 Teilnehmer aus verschiedenen Vereinen teilnahmen. Neben den sportlichen Leistungen der Teilnehmer, die täglich etwa 30 Kilometer zurücklegten und dabei zahlreiche Schleusen überwanden, stand die Kultur im Mittelpunkt der Fahrt.

Die Tour begann mit einem offiziellen Startschuss durch Oberbürgermeister Paul Röner in Bamberg. Von dort führte die Wanderfahrt über die historische Schleuse 100 in den neuen Kanal und weiter über Stationen in zahlreichen Städten, die den Ruderern einen herzlichen Empfang bereiteten.

Auch die Erlanger Wanderrudergesellschaft Franken (EWF) war mit Fahrtenleiter Rolf Baßler und der Barke „Seku“ aktiv beteiligt. In Erlangen übernahmen RVE und EWF die Organisation eines festlichen Zwischenhalts, bei dem die Ruderer mit einem Glas Sekt empfangen wurden. Auch mit einem Empfang Erlanger Schloss und festlichem Konzert in der Orangerie wurde das Ereignis gewürdigt.

Die Fahrt endete mit einem feierlichen Höhepunkt in Kelheim. Hier wurde nicht nur die Bedeutung des Main-Donau-Kanals für den Transport und Tourismus gewürdigt, sondern auch die verbindende Kraft des Rudersports zwischen Nord und Süd symbolisiert.

Bildquellen

  • Renovierung eines Klinkerbootes 1988: Vereinsarchiv
  • Umflaggung 1988: Vereinsarchiv
  • Umflaggung 1988 2: Vereinsarchiv
  • Rudern für Europa Ankündigung: Archiv Deutscher Ruderverband
  • Barken an der Schleuse Erlangen 1989: Vereinsarchiv
  • Tourbus Rudern für Europa“ 1989: Vereinsarchiv
  • Auf der Vilaine in Rennes 1989: Vereinsarchiv
  • Offizieller Start der FISA-Sternfahrt-Etappe in Jena 1992: Vereinsarchiv
  • Am Ziel der FISA-Sternfahrt nach Berlin 1992: Vereinsarchiv
  • Eröffnungsfahrt auf dem neuen Main-Donau-Kanal 1992: Vereinsarchiv